Geologie und Kulturgeschichte am Glauberg

 

Der Arbeitskreis Geologie und Paläontologie des VNO besuchte in diesem Jahr den Glauberg. Vielen Menschen ist dieser Ort als archäologische Fundstelle bekannt, seit 1996 eine lebensgroße Sandsteinstatue aus der keltischen Eisenzeit gefunden wurde. Weniger bekannt ist, dass der Berg mit seinem großen Plateau zu den Ausläufern des großen Vulkangebietes Vogelsberg gehört. Bei der Begehung des Geländes, die von Werner Erk und Kerstin Bär geleitet wurde und bei der anschließenden Führung im Museum konnten, verschiedene Bezüge zwischen Kulturgeschichte und Geologie hergestellt werden.

Einer der wichtigsten Aspekte ist hier schon die Entstehung und Form des Berges, die sich nur anhand der zu findenden Gesteine erklären lässt. Das Plateau wird von Lavaströmen gebildet, deren Basalt deutlich härter ist als das darunter liegende ältere Sedimentgestein aus der Rotliegend-Zeit. Diese Lavaströme sind heute von ihren Herkunftsorten, den vulkanischen Schloten, „abgetrennt“, weil sich rund um diesen Rest Lava-Täler eingeschnitten haben. Dort wo der Basalt inzwischen fehlt, ist die Abtragung sehr leicht möglich, dagegen bildet der Basalt auf dem Plateau des Glaubergs eine Art „Deckel“, der das weichere Rotliegend-Gestein vor Abtragung schützt. Die Folge ist, dass die Hänge relativ steil sind und sich hier ein „Tafelberg“ gebildet hat. Ein solcher Berg lässt sich gut besiedeln und gut verteidigen.


Die Gruppe im kleinen Steinbruch mit dünnflüssigen Lavaström.                                     Foto: Tobias Schulz

Dies wurde von den Menschen tatsächlich auch bis ins Mittelalter hinein genutzt, wie die heute noch zu findenden Fundamente von Gebäuden zeigen. Früher hatte man – schon wegen der Verteidigung der Anhöhe – sicher freien Ausblick in alle Richtungen. Das kann man heute zwar wegen hohen Bäumen kaum noch nachvollziehen, aber immerhin sind an zwei Stellen Sichtachsen in Richtung des heutigen Frankfurt und zum Annexwall auf der Nordostseite des Glaubergs vorhanden. Was die Lavaströme selbst angeht, so findet man am Glauberg sowohl Basalt zähfließender als auch dünnflüssiger Lavaströme. Die dünnflüssigen Lavaströme mit ihren glatten, oft roten Oberflächen und vielen runden Poren im Gestein sind auf halber Höhe in einem kleinen alten Steinbruch gut zugänglich und mit einer Infotafel beschrieben. Sie sind für Mitteleuropa eine Besonderheit, da es sie in den benachbarten Vulkangebieten, wie Eifel, Westerwald oder Rhön nicht gibt. Sie waren heißer als andere Lavaströme und bestehen aus tholeiitischem Basalt.

Zähflüssige Lavaströme bilden die oberste Lage des Berges. In kleinen Aufschlüssen am Nordostrand des Plateaus kann man senkrechte Säulen eines Hartbasalts finden. Er zeigt teilweise Zerfallserscheinungen, sogenannten Sonnenbrenner. Daraus kann man auf die Art des Basalts schließen. Er ist Alkalibasalt oder Basanit und dieser kann nur zähfließende Lavaströme bilden. Auch ohne dass die bröckelige Oberfläche der zähen Lavaströme noch zu finden wäre, ist diese Schlussfolgerung möglich.

 

Die Säulen am Nordostrand des Plateaus gehören zu zähflüssigen Lavaströmen.              Foto: Tobias Schulz

Interessant ist, dass es am Glauberg in den zu Wällen verstürzten Mauern Material gibt, das die Archäologen als Basalt beschreiben, der beim Abbrennen der Mauern geschmolzen ist. Solches Material konnte anschließend bei der Führung im Museum in den Vitrinen gezeigt werden.

Das Highlight der Ausstellung ist die Sandstein-Statue des „Keltenfürsten“, zu der es noch drei weitere Doppelgänger gab, die nur in Bruchstücken erhalten geblieben sind. Tatsächlich gibt es den dafür genutzten Buntsandstein ganz in der Nähe. Bildhauerische Arbeiten, wie solche Statuen, setzen voraus, dass geeignetes Gestein zu finden ist. Ansonsten hätten die Kelten trotz des kulturellen Einflusses aus dem Mittelmeer mit den dort schon damals üblichen Statuen gar nicht die Möglichkeit gehabt, selbst auch Statuen zu schaffen.

Ein weiterer Aspekt, der für die Zeit um 450 v. Chr. wichtig war, ist die Verfügbarkeit von Eisenerz. Aus dem daraus gewonnenen Eisen ließen sich seit der Eisenzeit Waffen und Geräte herstellen. Die Kelten vom Glauberg siedelten in einem Bereich am Rande der Wetterau. Deren Böden sind vom Löss geprägt, der in den Kaltzeiten der Eiszeit als Gesteinsstaub angeweht wurde. Diese guten Böden sind sicher ein Erfolgsfaktor der Ansiedlung gewesen. Eisenerz sucht man in der zentralen Wetterau aber vergeblich.


Verstürzte Mauern verschiedener Zeiten bilden heute Wälle wie hier an der Enzheimer Pforte.     Foto: Tobias Schulz

In der weiteren Umgebung findet man aber häufig „Basalteisenstein“, der vor allem im Vogelsberg gefunden und verhüttet wurde. Durch die Verwitterung von Basalt unter warmem Klima und anschließende Anreichung von Eisen in „Krusten“ entstand nutzbares Erz, das sicher auch für die Kelten vom Glauberg wichtig war. So gibt es verschiedene geologische Gründe, die begünstigt haben, dass sich hier (nach den Funden zu schließen) ein besonders bedeutender Ort entwickeln konnte: neben der günstigen Form des Glaubergs auch die Lage im Schnittpunkt zwischen lössreicher Wetterau und eisenerzreichem Vogelsberg. (Auch diskutiert wird eine Bedeutung der keltischen Salzgewinnung in der Region, die für Bad Nauheim etwas später nachweisbar ist - wobei auch die dortigen Salzquellen einen geologischen Hintergrund haben.)

Der ebenfalls vorhandene Sandstein ermöglichte für die damalige Zeit das ungewöhnliche gestalterische Schaffen der großen Statue. So ist die regionale Geologie in verschiedenster Form an der Kulturgeschichte des Glaubergs beteiligt. Dies ist ein Blickwinkel, den die Besucher des Glaubergs normalerweise sicher selten einnehmen.

Kerstin Bär  


Im Museum wurden Funde, einschließlich der großen Sandstein-Statue, näher erläutert. Foto: Tobias Schulz

 

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